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Die vergessene Roma-Partisaneneinheit

1941 lebten in der kroatischen Banovina mehr als 15.000 Roma, die meisten von ihnen in Dörfern, zumeist in den Außenbereichen, isoliert vom Rest des Dorfes. Als die ultranationalistische Ustascha-Bewegung im April 1941 die Macht im neu gegründeten Unabhängigen Staat Kroatien übernahm, betrachtete sie die Roma als eine der unerwünschten sozialen Gruppen und als Bedrohung für eine „reinrassige“ kroatische Gesellschaft. Die Ustascha-Behörden fanden im Mai 1942 eine Lösung für die „Zigeunerfrage“, indem sie die systematische Deportation aller Roma in das Lagersystem von Jasenovac anordneten, wo sie systematisch ausgerottet werden sollten. Tatsächlich wurden in den folgenden Monaten die meisten Roma aus ihren Häusern in das Lager Jasenovac gebracht und dort kurz darauf ermordet.

Ein Teil der Roma allerdings traute den Ustascha-Behörden nicht, als diese ihnen versprachen, sie würden in andere Regionen gebracht, wo sie Land zur Bewirtschaftung erhalten würden. So floh im Sommer 1942 eine kleine Gruppe von Roma in die Wälder in der Nähe von Daruvar und Garašenica (im Nordosten Kroatiens). Bald darauf wurden dortige Partisaneneinheiten auf sie aufmerksam und nahmen Kontakt mit ihnen auf. Krsto Bosanac, einer der Partisanenkommandeure, beschrieb, wie er nachts die hungernden und verängstigten Roma traf. Sie erklärten sich bereit, sich den Partisanen im Dorf Bijela anzuschließen, und es wurde eine Roma-Partisaneneinheit mit etwa fünfzehn Kämpfern gebildet. Das Besondere an dieser Einheit war, dass ihre Kämpfer nicht von ihren Familien getrennt werden wollten. Gewissenhaft erfüllten sie ihre Aufgabe, Waffen und Güter vom Feind zu beschlagnahmen,. Einige Monate später wurde diese Einheit aufgelöst und in größere Partisaneneinheiten integriert.

Diese Roma-Partisaneneinheit war die erste bekannte militärische Einheit dieser Art und ein Beispiel für die aktive Beteiligung von Roma am antifaschistischen Widerstand in Jugoslawien. Nach dem Krieg unterdrückten die neuen sozialistischen Behörden Jugoslawiens die Erinnerung an die Roma-Opfer und auch an ihre Beteiligung an der Befreiung des Landes. So wurde weder ein Denkmal für die Roma-Partisaneneinheit errichtet, noch wurden Gedenkfeiern zum Andenken an ihre Roma-Kämpfer abgehalten. Es mussten mehr als vierzig Jahre vergehen, bis Einzelpersonen wie Vicko Antić Pepe (ein prominenter Partisanenkommandant und kommunistischer Nachkriegsfunktionär) auf ihre Existenz hinzuweisen begannen: In einem Interview vom April 1984 erwähnte er, dass er „ein Zehntel Roma in seiner Division“ hatte. Zehn Jahre später wurde diese Einheit in einem Buch über die Roma in der Region Virovitica nur kurz erwähnt, was die Notwendigkeit weiterer Forschung über ihre Rolle in der jugoslawischen Partisanenbewegung unterstreicht.

Danijel Vojak

Quellen / Weitere Informationen
  • Antun Duhaček „Vicko Antić Pepe“. U: Četrdeset prva u novogradiškom kraju: građa za povijest NOB, prir. Antun Duhaček (Nova Gradiška: Narodno sveučilište M. A. Reljković, 1984), 72 – 78.
  • Luka Šteković, Romi u virovitičkom kraju (Beograd: Radnička Štampa, 1998).
  • Danijel Vojak, “Roma also Fought: The History of Romani Participation in the Anti-Fascist Movement in Croatia during World War II”, Roma Rights Journal of the European Roma Rights Centre, 1 (2017), 9-16: https://www.errc.org/uploads/upload_en/file/roma-rights-journal-1-2017.pdf
  • Danijel Vojak, Goran Lapat, Ivo Pejaković, Neven Kovačev, Romi u Drugom svjetskom ratu u Nezavisnoj Državi Hrvatskoj, 1941.-1945. Priručnik za učitelje i nastavnike (Berlin: Stiftung EVZ / Zagreb: Institut društvenih znanosti Ivo Pilar), Zagreb 2018: https://www.jusp-jasenovac.hr/Uploads/61/5019/5024/5057/8953/E-prirucnik_Romi_u_NDH.pdf

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