Nazad
Bewaffneter Widerstand Transnationaler Widerstand

„Europa in Brand setzen „

„Warum hat der britische Generalstab bis jetzt noch keine repräsentative Mission zu uns geschickt? Liegt es daran, dass Major Atherton, der Anfang letzten Jahres mit einer Gruppe gekommen war, umgekommen ist?“ Die fragte Tito Oberst William Deakin bei dessen Ankunft im Partisanenhauptquartier am 27. Mai 1943. Die britische SOE-Mission erreichte das Hauptquartier auf dem Höhepunkt der deutschen Offensive, der Operation Schwarz, bei der die Partisanentruppen am Berg Sutjeska in Ostbosnien eingekesselt wurden. Die Mission mit dem Codenamen Operation Typical bestand aus sechs Soldaten unter der Leitung Oberst Deakins, mit dem Auftrag „die Partisanenkräfte auf den gezielten Angriff feindlicher Kommunikationslinien auszurichten“.
Das SOE (Special Operations Executive) war 1940 von der britischen Regierung als Geheimorganisation gegründet worden, um in den von Deutschland besetzten Ländern Spionage- und Sabotageaktivitäten durchzuführen und die lokalen Widerstandsbewegungen zu unterstützen. Sein allgemeines Ziel war es, „Europa in Brand zu setzen“, wie es der britische Premierminister Winston Churchill formuliert hatte. In den Jahren 1941 und 1942 wurden mehrere SOE-Agenten nach Jugoslawien entsandt, um die Lage vor Ort zu erkunden. Sie standen sowohl mit Tschetniks als auch mit Partisanen in Kontakt, wussten aber nur wenig über letztere. Die Gruppe mit Oberst Deakin war die erste britische Mission, die vollständig dem Hauptquartier der jugoslawischen Partisanen und Marschall Tito zugeordnet war.
Im Mai und Juni 1943 folgten Deakin und seine Männer den Partisanentruppen und ihres Befehlshabers Tito und erlebten die Härte der Kämpfe während der deutschen Offensive. Bei einem der Luftangriffe, bei dem Tito verwundet wurde, kam Hauptmann William Stuart ums Leben, aber den anderen britischen Soldaten gelang es am 13. Juni mit den Partisanen, die Umzingelung von Tjentište zu durchbrechen. Ende des Monats begannen britische Flugzeuge damit, Nachschub, Munition und Sprengstoff für die Partisanen abzuwerfen, die „schnell zum Einsatz kamen“, wie Deakin am 25. Juni seinen in Kairo stationierten Vorgesetzten berichtete. Die Eisenbahnlinie zwischen Brod und Sarajevo wurde an vierzig Stellen und die Strecke zwischen Brod und Zenica an siebzehn Stellen in die Luft gesprengt, ganz im Sinne des Auftrags, „Europa in Brand zu setzen“. Mitte September 1943 wurden Deakin und Hauptmann Benson Zeugen davon, wie die Partisanen sich nach der Kapitulation Italiens nach Split begaben, um dort die italienischen Soldaten gefangen zu nehmen und zu entwaffnen. Einige Tage später traf ein weiterer britischer Offizier, Fitzroy Maclean, in Mrkonjić Grad ein, um die laufende Mission weiter auszubauen; er kam mit Deakin in Kontakt, der „uns besser als jeder andere eine Vorstellung davon geben sollte, was die Partisanen wert waren“. Deakin lieferte Maclean wertvolle Erkenntnisse über die Partisanen und ihre Tätigkeiten, bis zum 5. Oktober als er nach Kairo abreiste, um seinen Vorgesetzten seine Berichte vorzulegen.
Auf der Grundlage der Berichte von Deakin und später von General Fitzroy Maclean erhielt das britische Oberkommando entscheidende Informationen über die Lage im besetzten Jugoslawien. In Macleans Berichten hieß es, dass die Partisanen „die Deutschen äusserst effektiv bekämpften“, im Unterschied zu den Tschetniks, die „größtenteils entweder gar nicht oder zusammen mit den Deutschen gegen ihre Landsleute kämpften“. Die Schlussfolgerung war eindeutig: Die Alliierten sollten „alle verfügbaren Waffen und Ausrüstung an die Partisanen liefern“. Während die Briten bisher vor allem die Tschetniks unterstützt hatten, trugen diese Missionen somit zu einer Kehrtwende in der Politik der britischen Regierung gegenüber Jugoslawien bei.

 

Nedim Pustahija

Quellen/ Weitere Informationen
  • F.W. Deakin, The Embattled Mountain, New York, Oxford University Press, 1971
  • Heather Williams, The Special Operations Executive and Yugoslavia 1941-1945, University of Southampton, 1994, Doctoral Thesis
  • Richard West, Tito and the rise and fall of Yugoslavia. London: Faber and Faber Ltd., 2009

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