Nazad
Sport Widerstand in Städten

Fußball als Protest und Widerstand

Nach der Kapitulation Jugoslawiens im April 1941 wurde Dalmatien vom faschistischen Italien annektiert. Um die italienische Identität der Region zu betonen, beschlossen die neuen Behörden unter anderem, dass Hajduk Split, einer der besten Fußballvereine Jugoslawiens, seinen Namen ändern und in der italienischen Liga spielen sollte. Die Vereinsführung und die Spieler lehnten ein solches Szenario allerdings ab. Sie beschlossen, den Verein aufzulösen, und die meisten von ihnen schlossen sich der illegalen antifaschistischen Bewegung in der Stadt an.
Nach der Kapitulation Italiens im Jahr 1943 wurde Split Teil des Unabhängigen Staates Kroatien (NDH). Die Ustascha-Behörden beabsichtigten, die kroatische Identität in der Stadt durch die Wiederbelebung von Hajduk wieder zu stärken. Die Spieler weigerten sich jedoch, für das faschistische und mit den Nazis kollaborierende Regime zu spielen, verließen die Stadt und schlossen sich Partisaneneinheiten an. Im selben Jahr wurde auf der Insel Vis ein gemeinsamer Befehlsstab der britischen Armee und der jugoslawischen Partisanenbewegung eingerichtet ; gemeinsame Fußballspiele entwickelten sich dabei zu einer der Lieblingsbeschäftigungen der Soldaten. Es entstand die Idee, alle ehemaligen Hajduk-Spieler, die zu dieser Zeit in verschiedenen Partisaneneinheiten kämpften, auf die Insel einzuladen. Unter Umgehung der deutschen und der Ustascha-Kontrollen gelang es den Hajduk-Spielern, mit Fischerbooten und Partisanenschiffen [link to story 43] nach Vis zu gelangen. Am 7. Mai 1944 wurde Hajduk als Verein wiedergegründet, und einige Tage später bestritten sie ihr erstes Spiel gegen eine Mannschaft der britischen Armee, das sie mit 7:1 gewannen.
Nach mehreren Spielen auf der Insel Vis ging Hajduk auf eine Tournee durch Süditalien, dann Malta, Ägypten und schließlich den Nahen Osten, in Ländern, die von den Alliierten kontrolliert wurden. Bis zum Ende des Krieges bestritt die Mannschaft, die die jugoslawische Partisanenbewegung vertrat und als eine Art Nationalmannschaft des neuen Jugoslawiens fungierte, insgesamt 65 Spiele in sieben Ländern und erlitt dabei nur sieben Niederlagen. Während ihres Besuchs im Libanon im Mai 1945 überreichte der französische General Humblot im Namen von Charles de Gaulle Hajduk ein Diplom, das den Verein zur „Ehrensportmannschaft des Freien Frankreichs“ erklärte. Für ihre Leistungen und Beiträge zum jugoslawischen Volksbefreiungskampf verlieh Marschall Tito dem Team von Hajduk Split im September 1945 den „Orden für Verdienste um das Volk mit Silberkranz“.
Die Stadt Bihać in Bosnien und Herzegowina, die im zentralen Teil des Unabhängigen Staates Kroatien lag, liefert ein ähnliches Beispiel für die Verbindung zwischen Fußball und Widerstand. Im Jahr 1941 wollten die dortigen Ustascha-Behörden die Beziehungen und Zusammenarbeit mit der italienischen Besatzungsmacht verbessern und beschlossen, ein Fußballspiel zwischen der italienischen Armee-Mannschaft und dem Fußballverein Jedinstvo aus Bihać zu organisieren. Am Tag des Spiels traten die Italiener auf dem Spielfeld an, doch die Spieler von Jedinstvo glänzten durch Abwesenheit. Außerdem nahmen zwei Jedinstvo-Spieler, Rudi Baumgertl und Vinko Markotić, alle Stollenschuhe und Trikots von Jedinstvo mit und verteilten sie an andere Spieler, um sie zu verstecken. So konnte das Spielnicht stattfinden. Später bestätigten die meisten Jedinstvo-Spieler ihre antifaschistische Orientierung, indem sie die Stadt verließen und sich der Partisanen-Armee anschlossen oder sich an der Untergrund-Widerstandsbewegung im besetzten Bihać und anderen Städten beteiligten. Einige von ihnen wurden Opfer des Ustascha-Terrors in der Stadt und bezahlten ihren Widerstand mit dem Leben.

 

Hrvoje Klasić & Dino Dupanović

Quellen / Weitere Informationen
  • Richard Mills, Nogomet i politika u Jugoslaviji, Zagreb, Profil, 2019.
  • Bihać u novijoj istoriji I, Institut za istoriju u Banja Luci, Banja Luka, 1987.

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