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Bewaffneter Widerstand Hilfe und Rettung Jugend Wälder und Berge

“Maquis” und Berge

Die verschiedenen Berglandschaften in Europa sind für uns eine Augenweide, doch dabei übersehen wir oft, dass sie voller Spuren und Erinnerungen an die Auseinandersetzungen des Zweiten Weltkriegs sind. Gebirgsregionen spielten in der Geschichte des Widerstands in Europa gegen deutsche Besatzer eine wichtige Rolle. Dies war zum Beispiel im besetzten Jugoslawien der Fall, wo Berge ab 1941 zu einer Bastion der kommunistisch geführten Partisanen wurden. „Durch Wälder und Berge“ war der Titel eines berühmten jugoslawischen Partisanenlieds, und 1944 barg beispielsweise die Gebirgsregion um die Stadt Drvar (vom Wort „drva“ für „Holz“) im westlichen Bosnien-Herzegowina das Hauptquartier von Josip Broz Tito. In der Operation Rösselsprung versuchten die Deutschen, seiner habhaft zu werden, doch Tito konnte entkommen.

Auch in Frankreich spielten Berge eine wichtige Rolle, als Orte der Flucht und des Widerstands. Die Pyrenäen an der Grenze zu Spanien waren ein Fluchtweg für zahlreiche Menschen, die von den Nazis verfolgt wurden. Nach der Einführung des obligatorischen Arbeitsdienstes (STO – service du travail obligatoire) durch das Vichy-Regime im Jahr 1943 wurden Wälder und Berge für viele junge Männer zu einem Ort der Zuflucht, und bald bildeten sich dort auch bewaffnete Widerstandsgruppen, die sogenannten “Maquis”. Maquis bedeutet im Französischen einen Ort mit dichter Vegetation – der Begriff wurde während des Krieges zum Synonym für versteckte bewaffnete Widerstandslager und -gruppen außerhalb urbaner Regionen. Das Leben im Maquis war hart, insbesondere für Arbeiter, Intellektuelle und Künstler aus städtischen Gebieten, die zum Beispiel erst lernen mussten, wie man mit einer Axt umgeht, um Holz für den täglichen Bedarf zu fällen.

Zwei Orte in den Alpen wurden zu Wahrzeichen der französischen Résistance: Les Glières und Le Vercors. Dort bildeten sich 1943-1944 wichtige Maquis, die auch in strategische Überlegungen für die alliierten Kriegsanstrengungen gegen Nazideutschland einbezogen wurden. Beide wurden jedoch 1944 von deutschen Truppen und kollaborierenden französischen Kräften angegriffen und zerschlagen. Trotz und gerade wegen dieses tragischen Schicksals wurden Glières und Vercors zu Symbolen des Heldentums und des französischen Résistance-Mythos. Den Namen Vercors wählte auch der Schriftsteller Jean Bruller als Pseudonym, als er seinen Roman „Die Stille des Meeres“ schrieb, aber dies geschah, bevor dieses Gebirgsplateau zu einem Ort des Widerstands wurde.

Gebirgsregionen waren auch wichtige Zufluchtsorte für Juden und andere Verfolgte und Orte der Solidarität von Teilen der lokalen Bevölkerung mit den Verfolgten, wie z. B. im Dorf Chambon-sur-Lignon in der Gebirgsregion Massif Central in Süd-Zentral-Frankreich.

 

Yvan Gastaut

Quellen/ Weiterführende Literatur
Video

Interview mit dem Historiker Fabrice Grenard, Autor des Buches “Les maquisards : combattre dans la France occupée” (2019), 11.12.2019:

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