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Smail Buljubašić ‒ Der vergessene Imam mit dem roten Stern auf seinem Turban

Die Verbrechen der Ustascha, die in der Region Bihać unmittelbar nach der Ausrufung des NDH (Nezavisna Država Hrvatska / Unabhängiger Staat Kroatien) im April 1941 begannen, hinterlassen einen starken Eindruck bei den Menschen, die Zeugen dieser Gräueltaten wurden. Einer von ihnen war der Imam (Hodscha) Smail Buljubašić, der in Vrnograč bei Velika Kladuša lebte. Doch im Gegensatz zu anderen, die einfach nur zuschauten, verteidigte Smail Buljubašić öffentlich die Serben in den Regionen Grmeč und Banija, die von den Ustascha verfolgt wurden. Damit versuchte er auch, andere Landsleute zu ermutigen, ähnlich wie er zu handeln.
Leider können wir sein Engagement in dieser Zeit, in der die Ustascha die lokale Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzten, aufgrund fehlender historischer Quellen nicht genauer rekonstruieren. Das erste uns bekannte Dokument, in dem Buljubašić erwähnt wird, ist ein Beschluss des Volksbefreiungskomitees des Dorfes Vrnograč vom 13. Dezember 1942, durch den die Ehe eines Paars aus diesem Dorf annulliert wurde. Diese historische Quelle stammt aus der Zeit, als Vrnograč Teil des befreiten Gebiets namens “Republik von Bihać” war. Die Volksbefreiungskomitees waren eine von den Partisanen in den befreiten Gebieten geschaffene Regierungsinstanz, und Buljubašićs Unterschrift auf einem ihrer Dokumente deutet darauf hin, dass er die antifaschistische Partisanen-Bewegung unterstützt hat.
Anfang 1943 starteten die Deutschen die “Operation Weiss” oder die „Vierte Feindoffensive“, wie sie in der jugoslawischen Geschichtsschreibung genannt wurde. Der Angriff setzte der Republik von Bihać ein Ende, und bei dieser Gelegenheit drangen Soldaten des 2. Bataillons des 369. deutschen Regiments in Vrnograč ein. Imam Smail Buljubašić wurde von den Deutschen und den Ustascha verhaftet und vor der Moschee hingerichtet, vor der versammelten örtlichen Bevölkerung.
Hajro Kapetanović, ein prominenter kommunistischer Revolutionär, ist einer der wenigen, der den Namen Smail Buljubašić in seinen Memoiren erwähnt: „Zu dieser Zeit wurden fast hundert Aktivisten getötet, darunter sieben Mitglieder des Gemeindekomitees von Vrnograč, zusammen mit Hodža Smajil Buljubašić und den Ratsmitgliedern Mustafa Ikanović und Alo Elezović. Dann wurden zwölf Jugendliche und Ratsmitglieder aus dem Dorf Izačić und Umgebung getötet, darunter Muhamed Sadiković, Mitglied des Volkskomitees der Stadt Bihać, und andere.“

Viele Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, im Jahr 1983, schuf der Maler Aleksandar Lucijan ein „makabres“ Bild, auf dem fünf mit Gewehren bewaffnete Deutsche Smail Buljubašić zu seiner Hinrichtung führen. Auf Buljubašićs Turban (der Hodscha-Mütze) ist ein fünfzackiger roter Stern abgebildet, das Symbol der Partisanen und des antifaschistischen Kampfes. Anfang der 1990er Jahre, nach den ersten Mehrparteienwahlen in Bosnien und Herzegowina, bei denen die Kommunisten die Macht verloren, schändeten Mitglieder der neu gewählten nationalistischen Parteien Lucijans Gemälde: Sie entfernten den roten Stern auf Smail Buljubašić’s Turban. Das vandalisierte Gemälde verschwand für viele Jahre im Depot, bevor es restauriert und der fünfzackige Stern wieder auf Buljubašićs Turban angebracht wurde. Heute befindet sich das Kunstwerk im Rathaussaal von Velika Kladuša, als Symbol für den Kampf gegen den Faschismus.

 

Dino Dupanović

Quellen / Weitere Informationen

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