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Bewaffneter Widerstand Organisation von Widerstand Transnationaler Widerstand

Von Partisanen befreite Gebiete

Die oft als „Partisanenrepubliken“ bezeichneten befreiten Gebiete in Jugoslawien stellten ein militärisch-strategisches Phänomen in der europäischen Kriegsführung des Zweiten Weltkriegs dar. Die Taktik beruhte auf der erfolgreichen Konsolidierung des Widerstands: Die befreiten Territorien wurden dazu genutzten, die Unterstützung der dortigen lokalen Bevölkerung zu gewinnen, was für die Ziele der Partisanenkriegsführung von zentraler Bedeutung war, und ihre eigenen Einheiten zu stärken und gleichzeitig die gegnerischen Kräfte zu schwächen. Diese Taktik ermöglichte es den jugoslawischen Partisanen, die den Besatzungs- und Quislingstruppen deutlich unterlegen waren, nach und nach das gesamte besetzte Gebiet zu befreien und auch von den Achsenmächten annektierten Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen, und zwar weitgehend aus eigenen Kräften.
Die Entstehung und Anwendung dieser Taktik auf jugoslawischem Gebiet war das Ergebnis verschiedener Faktoren, von denen einige in der jugoslawischen Geschichtsschreibung der Nachkriegszeit teilweise verzerrt dargestellt wurden. Während die Bedeutung der reichen lokalen militärischen Traditionen oft überbetont oder sogar romantisiert wurde, wurde die bedeutende Rolle der Ausbildung, die viele Partisanenführer vor dem Zweiten Weltkrieg in der UdSSR oder von sowjetischen Ausbildern und ihren Schülern im Spanischen Bürgerkrieg erhielten, tendenziell heruntergespielt. Einige Militärexperten sind der Meinung, dass die Aktivitäten der kommunistischen Partisanen in Jugoslawien Ähnlichkeiten mit den Taktiken im China der 1920er Jahre aufwiesen. Solche Einflüsse und transnationalen Verbindungen müssen aber noch weiter erforscht werden.
Dennoch waren die praktischen Erfahrungen, die die jugoslawischen Partisanenführung im Sommer 1941 sammelte, von entscheidender Bedeutung. In diesem Jahr gründeten die Partisanen unter anderem die „Republik Užice“ in Westserbien, die es ihnen ermöglichte, die Organisation des Lebens in den befreiten Gebieten zu entwickeln und zu verbessern. 1942 verabschiedete die Partisanenführung die Verordnungen von Foča und Drinić, die genaue Anweisungen zur Einrichtung und Arbeit der Volksbefreiungskomitees (NOO) und zur Organisation der Militärbehörden in den befreiten Gebieten enthielten. In den befreiten Gebieten konnten Wahlen für die NOO durchgeführt sowie Versammlungen organisiert werden, die wegweisend waren für die politische und militärische Entwicklung der Partisanenbewegung. Dazu gehören diejenigen, die auf dem Gebiet der befreiten „Republik Bihać“ Ende 1942 abgehalten wurden: die erste Versammlung der AVNOJ, die erste Versammlung der Föderation der antifaschistischen Jugend Jugoslawiens (USAOJ) und die erste Versammlung der Antifaschistischen Frauenfront (AFŽ).
Diese „Enklaven der Freiheit“ ermöglichten auch die Entwicklung von unbewaffneten Formen des Widerstands und die Organisation eines effektiven Unterstützungssytems für die Partisanenarmee. Der wirtschaftliche Widerstand, zum einen, beruhte auf der Unterstützung, die die Partisanen seitens der lokalen Bevölkerung erhielten, durch Bereitstellung von Lebensmitteln, Kleidung und medizinischer Versorgung. Der kulturelle Widerstand, zum anderen, artikulierte sich durch kulturelle Massenveranstaltungen (Theatervorführungen, Ausstellungen, Chöre, Volkstänze) und Bildungsaktivitäten (Alphabetisierungskurse, Lesegruppen). Die Kulturproduktion der Partisanen hatte einen starken Einfluss auf die Unterstützung durch die Bevölkerung und auf die „Kampfmoral“ der Kombattanten.
Im sozialistischen Jugoslawien wurde ein einzigartiges Modell zur Erinnerung an die befreiten Gebiete eingeführt, mit Gedenkzonen und -komplexen, häufig verbunden mit Stadtentwicklungsplänen, die ein dichtes Netz authentischer Orte und Gedenkstätten nutzten, um den Tourismus zu entwickeln und den wirtschaftlichen Status der lokalen Bevölkerung in ländlichen Gebieten zu verbessern und gleichzeitig natürliche Sehenswürdigkeiten und Raritäten zu schützen.

 

Sanja Horvatinčić

Quellen / Weitere Informationen
  • Petar Kleut, Partizanska taktika (Belgrade: Vojnoizdavački zavod, 1983).
  • Franjo Tuđman, Rat protiv rata: partizanski rat u prošlosti i budućnosti (Zagreb: Zora, 1970).
  • Aleksej Timofejev, Milana Živanović, Udžbenik za Tita: Kominterna i pripreme partizanskog rata u Evropi (Belgrade: Institut za noviju istoriju Srbije, 2018).
  • Dušan Maletić (ed.), Užička republika I-II (Belgrade: Muzej ustanka 1941, Titovo Užice – Institut za istoriju radničkog pokreta SR Srbije – Eksport-Presm, 1978).
Video
Jugoslawischer Spielfilm "Užička Republika" von Živorad Mitrović, Delta Video, 1974, online

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