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Flucht über die Pyrenäen

Im September 1940 führt Lisa Ekstein eine kleine Gruppe deutscher Juden von der französischen Küstenstadt Banyuls über die Pyrenäen zur spanischen Grenze. Unter ihnen ist der verfolgte Intellektuelle Walter Benjamin, der die beschwerliche Reise auf sich nimmt, um den Nazis zu entkommen. Doch als er in Spanien verhaftet wird, begeht er Selbstmord.

Lisa Ekstein, 1909 in einer jüdischen Familie im damaligen Österreich-Ungarn geboren, zog 1922 nach Berlin, wo sie sich im Sozialistischen Studentenbund und im Kommunistischen Jugendverband engagierte. Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, blieb sie zunächst politisch aktiv, entschloss sich aber bald zur Flucht nach Prag. Zusammen mit Hans Fittko floh sie 1938 über die Schweiz nach Paris. Zunächst in Sicherheit, wurden sie ein Jahr später in Frankreich als „feindliche Ausländer“ in Lagern interniert. Beiden gelang die Flucht und sie lebten unter falschen Namen an der französischen Küste, in der Stadt Banyuls nahe der spanischen Grenze.

Obwohl Spanien zu dieser Zeit von dem faschistischen General Franco regiert wurde, galt es für Menschen, die vor Hitler flohen, sicherer als Frankreich. Lisa und Hans Fittko fassten den Entschluss, so vielen Menschen wie möglich zur Flucht nach Spanien zu verhelfen. Sie stellten ihre eigenen Fluchtpläne zurück und organisierten ab September 1940 eine Fluchtroute über die Pyrenäen für die Menschen in Frankreich, die von der deutschen Besatzung und dem kollaborierenden Vichy-Regime bedroht waren. Sie wurden von Varian Fry vom „Emergency Rescue Committee“ unterstützt. Das ERC stellte Mittel für Dokumente, Tickets, Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung. Der sozialistische Bürgermeister des Dorfes, Azéma, und andere Personen in Banyuls unterstützen sie ebenfalls. Im Winter 1940/41 brachten die Fittkos mehrmals wöchentlich in kleinen Gruppen Verfolgte über die Pyrenäen, meist getarnt als Weinbergsarbeiter. Auf diese Weise retteten sie rund 300 Personen über die 12 Kilometer lange Bergstrecke nach Spanien.

Da sie auch selbst verfolgt wurden, waren Lisa und Hans Fittko in großer Gefahr, auf dem Fluchtweg entdeckt zu werden. Sie flohen im Frühjahr 1941 nach Kuba.


Elisa Zenck

Quellen/ Weiterführende Literatur
  • Gedenkstätte deutscher Widerstand / Stille Helden: www.gedenkstaette-stille-helden.de/stille-helden/themen/verfolgten-helfen/fluchthilfe
  • Lisa Fittko: Mein Weg über die Pyrenäen. Erinnerungen 1940/41, Hanser 1985.
  • Lisa Fittko: Solidarität unerwünscht. Meine Flucht durch Europa; Erinnerungen 1933-1940, Hanser 1992.
  • Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin (Hg.): Ohne zu zögern. Varian Fry: Berlin – Marseille – New York, Verlag Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin 2008.
  • Netflix: Transatlantic, 2023.
Video
"Who killed Walter Benjamin?", 2005

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