Nazad
Organisation von Widerstand Wälder und Berge

Auf den Spuren des Widerstands: die Geschichte des Partisanenkuriers Roman Pilčić-Celić

Bei der Untersuchung von Stätten aus dem Zweiten Weltkrieg in Primorje und Gorski Kotar stellte die Konservatorin Katica Brusić fest, dass fast jede Siedlung ihre „illegalen Pfade“ hatte. Aufgrund ihrer in den 1970er und 80er Jahren durchgeführten Feldforschungen erkannte Brusić, dass die Straßen und Wege der Kuriere unterschiedlichen Zwecken dienten. Die Kuriere führten die Anführer des Aufstands, Militäreinheiten, Zivilisten, Verwundete, überbrachten Zeitungen und Weisungen und transportierten Vieh. „Sie setzten ihr Leben den größten Gefahren aus“, schrieb Brusić. “Ihr Orientierungsgeschick ist erstaunlich, denn sie verrichteten ihren Kurierdienst meist nachts.“
Unter den Zeugenaussagen früherer Partisanenkuriere, die sie vor Ort aufzeichnete, verwies Brusić oft auf diejenige von Roman Pilčić-Celić, der 1910 im Dorf Podkilavci in der Nähe von Grobnik geboren wurde: „Wegen Armut musste ich die Grundschule verlassen und begann als 8-jähriger Junge, wie ein Hirte die Schafe anderer Leute zu hüten. Ich hatte keine Gelegenheit, das Alphabet zu lernen, ich lernte die unwegsamen Bergstraßen und Pfade, auf denen ich barfuß lief, so dass sie sich gut in mein Gehirn einprägten.“ Sein schwieriger und rebellischer Lebensweg führte ihn dazu, sich im März 1942 den Partisanen anzuschließen. Hier wurden die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Analphabeten, die er in seiner Kindheit durch harte Arbeit erworben hatte, zu einem entscheidenden Vorteil für den Widerstand in der weiteren Umgebung von Gorski Kotar und Primorje. „Als Kurier für das Hauptquartier des zweiten Volksbefreiungsbewegungs-Abteilung habe ich im Sommer und Herbst [1942] viele Zivilisten aus Kastav, Grobnik und Sušak nach Drežnica gebracht. Ich durchquerte das Waldgebiet von Drežnica bis zu den Bergen von Hrvatsko Primorje und Gorski Kotar hunderte Male und überbrachte Weisungen des Hauptquartiers, Briefe und Presse. Im Laufe des Jahres 1942 habe ich fast alle militärisch-politischen und zivilen Lager der Partisanen besucht. Da ich die unwegsamen Straßen und Wege gut kannte, geriet ich nie in einen Hinterhalt der Besatzer.“
Unter Romanos Anleitung gelang es Brusić ‒ neben anderen authentischen Orten ‒ den Weg zu rekonstruieren und zu dokumentieren, den er zur Evakuierung von Zivilisten nach Drežnica benutzte. „Während unserer gemeinsamen Wanderung bei der Registrierung der Partisanenlager beobachtete ich seinen Bewegungsrhythmus. Celić geht nicht, er flattert über die Wege.“ [1942],
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Das dichte und verflochtene Kommunikationsnetzwerk von Wegen und Pfaden und die Rolle der Kuriere bei der Übermittlung von Nachrichten und der Gewährleistung des sicheren Vorankommens von Partisanen und Zivilisten auf den Waldwegen war für den Volksbefreiungskampf in Jugoslawien von entscheidender Bedeutung, insbesondere in der ersten Phase des organisierten Widerstands. Um die Bedeutung des Kurierdienstes zu verstehen, muss man sich die eingeschränkten technischen Kommunikationsbedingungen während der Besatzung vergegenwärtigen, die aus der Sicht der heutigen Nutzer von Mobiltelefonen, Satellitenkarten und sozialen Netzwerken fast unvorstellbar sind. Der Propagandaapparat der Ustascha-Faschisten hatte die vollständige Kontrolle über die öffentlichen Informations- und Kommunikationsmittel. Der Zugang zu Informationen und die wechselseitige Kommunikation der Gegner der faschistischen (Besatzungs-)Regimes beschränkte sich auf persönliche Kontakte, verschlüsselte Korrespondenz, die geheime Verteilung von Flugblättern und den sporadischen Betrieb illegaler Funkverbindungen. Die Widerstandskräfte entfernten sich von den Machtzentren und begaben sich in wenig bewohnte ländliche Gebiete, wo die Wildnis zu einem wichtigen Verbündeten des Widerstands wurde [link to story 54]. Der Schlüssel zu diesem Bündnis waren Ortsansässige, die sichere Orte und Wege finden konnten und wussten, wie man sich in der unwegsamen Natur orientieren kann.
Bereits in der Geschichtsschreibung des sozialistischen Jugoslawiens wurde die Rolle der Kuriere marginalisiert, und heute ist sie fast völlig vergessen oder wird bagatellisiert. Aufgrund der Geheimhaltung ihrer Tätigkeit sind die Namen und Biografien der Kuriere, von denen viele bei der Erfüllung ihrer Aufgaben starben, in Vergessenheit geraten oder finden sich lediglich in vereinzelten Fußnoten in historischen Studien.

 

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The dense and intertwined network of secret partisan communications and the role of couriers in transferring messages and ensuring the safe movement of partisans and civilians through the forest roads was crucial for the People’s Liberation Struggle in Yugoslavia, especially in the first phase of organised resistance.
To understand the significance of the courier service, it is important to recall the limited technological conditions of communication during the occupation, almost unimaginable from the perspective of modern users of mobile phones, satellite maps and social networks.
The Ustasha-fascist propaganda apparatus had complete control over the means of communication and public information.
Access to information and mutual communication of those who did not agree with the fascist (occupation) regime was reduced to personal contacts, coded correspondence, secret distribution of leaflets, and sporadic operation of illegal radio connections.
Resistance forces moved away from the centres of power, into uninhabited and rural areas, where the wilderness became an essential ally of the resistance.
The key to this alliance were individuals “on the ground” who could find safe locations and routes of movement and who possessed orientation skills for navigating natural expanses.
Already in the historiography of the socialist period, the role of the courier was marginalised, and today it is almost completely forgotten or trivialised.
Due to the secrecy of their activities, the names and biographies of couriers, many of whom died zealously performing their tasks, have been forgotten or are found in rare footnotes in historical studies.

 

Sanja Horvatinčić

Quellen / Weitere Informationen
  • Romano Pilčić Celić, “Biography”; Katica Brusić, “Partisan paths and trails – lecture”, State Archives Rijeka, HR-DARI-1300, Katica Brusić.
  • Krsto Petrović, Partizanski kurir (Belgrade: Rad, 1961).
  • Mirko Četković, Veze u NOB-u 1941-1945. (book 1 and 2) (Belgrade: Military Publishing House, 1976).

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