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Die Umzingelung durchbrechen: die Schlachten an der Neretva, Sutjeska und Kozara

Auf dem dramatischen Höhepunkt des Films „Die Schlacht an der Neretva“ aus dem Jahr 1969 schwingt Vladimir Smirnov, dargestellt von Yul Brynner, vor den Augen seiner verblüfften Partisanenkameraden eine Pistole und beginnt dann die Brücke über dem Neretva-Fluss zu verminen. „Diese Brücke ist unsere einzige Hoffnung und Rettung“, ruft jemand, „und ihr wollt sie in die Luft jagen!“ Doch Smirnow hatte den Befehl von Tito persönlich erhalten. Die Brücke wird in die Luft gesprengt. Doch später erfährt man, dass es sich um eine clevere List handelte: Während ihre deutschen Verfolger dachten, die Partisanen würden in die entgegengesetzte Richtung zurückkehren und damit in ihre Falle tappen, rüsteten sie die zerstörten Strukturen der Brücke am Grund der Schlucht so aus, dass sie sie doch überqueren konnten. Auf der anderen Seite überraschten sie dann die Tschetniks, ihre royalistischen Rivalen, und schlugen sie vernichtend.
Die historische Realität ist natürlich etwas komplizierter: Die Partisanen konnten tatsächlich auf diese Weise einer deutschen Umzingelung entkommen, doch die Lösung war eher zufällig, unterwegs improvisiert und durch die kurze Atempause während der Verhandlungen mit der Wehrmacht über einen Gefangenenaustausch begünstigt. Nichtsdestoweniger: Die deutsche Offensive hatte nach monatelangen schweren Kämpfen im unbarmherzigen Gebirgsgelände im Endeffekt ihr Ziel verfehlt. Kaum drei Monate später konnte die Partisanenarmee sich einer anderen, noch tödlicheren Umzingelung entziehen. Während der Schlacht am Fluss Sutjeska in Ostbosnien konnten die Stoßtrupps der Partisanen eine Bresche durch die Umzingelung schlagen, doch viele Verwundete und ihre Begleiter des mobilen Zentralkrankenhauses konnten nicht folgen, wurden von der Wehrmacht gefangen genommen und massakriert. Insgesamt verloren die Partisanen durch Kämpfe, Erschöpfung, Krankheiten und Hunger in diesem unwirtlichen Gelände mehr als ein Drittel ihrer Leute. Diese Kämpfe in Ostbosnien dienten als Inspirationsquelle für einen anderen Spielfilm, „Die Schlacht an der Sutjeska“, der 1973 gedreht wurde.
In gewisser Weise war das Durchbrechen von Umzingelungen ein fester Bestandteil der Kriegsführung der jugoslawischen Partisanen. Regelmäßig eroberten und befreiten Partisanen-Truppen breitere Gebiete, in denen sich dann Tito und sein Kommandostab einrichteten ; die Deutschen und ihre Verbündeten versuchten dann, die Truppen und den Führungsstab der Partisanen einzukreisen, letztere durchbrachen die Umzingelung und brachten andere Gebiete unter ihre Kontrolle. In der Tat waren vier der sieben so genannten „feindlichen Offensiven“ der Achsenmächte gegen die Partisanen zwischen 1941 und 1944 Operationen, bei denen es sich entweder um vollständige oder teilweise Einkreisungen handelte. 1944 erklärte der kampferprobte Kommandeur Ivan Gošnjak dem Chronisten Vladimir Dedijer: „Der kritische Punkt jeder feindlichen Offensive ist überschritten, wenn man ihre genaue Stossrichtung erkannt hat und beginnt, im Rücken des Feindes zu operieren.“
Allerdings endeten nicht alle Umzingelungen mit einem Durchbruch. Der bemerkenswerteste Misserfolg ereignete sich bei der Offensive im Kozara-Gebirge in Nordbosnien im Jahr 1942. Auch nach vielen Versuchen gelang es den örtlichen Partisanen nicht, die tödliche Barriere zu durchbrechen. Sie ziehen sich zurück und suchen Schutz in den dichten Wäldern, während Zehntausende von Zivilisten gefangen genommen und in Lager gebracht oder als Zwangsarbeiter nach Deutschland deportiert werden. Auch diese Tortur lieferte die Inspiration zu einer Filmproduktion, den bereits 1962 gedrehten Film „Kozara“.

 

Vladan Vukliš

Quellen
  • Films “Kozara” (1962), “Bitka na Neretvi” (1969) and “Sutjeska” (1973)
  • Vladimir Dedijer, Dnevnik (Beograd: Drzavni izdavački zavod Jugoslavije, 1945)
  • Mišo Leković, Martovski pregovori (Beograd: Narodna knjiga, 1985)
Weitere Informationen
  • Viktor Kučan, Borci Sutjeske (Beograd: Zavod za udžbenike i nastavna sredstva, 1996)
  • Koča Popović, Beleške uz ratovanje (Beograd: BIGZ, 1988)
  • Mladen Oljača, Kozara (Beograd: Prosveta, 1967) (Cyrillic)
Trailers / extracts of the movies

„Die Schlacht an der Neretva“, Ausschnitt:

Vollständiger Film mit englischen Untertiteln:

„Die Schlacht von Sutjeska“, Ausschnitt

„Kozara“, vollständiger Film mit englischen Untertiteln:

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