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Jugoslawische Partisanen als Vorbild für Frankreich?

Paris und Sarajewo liegen mehr als 1.300 Kilometer voneinander entfernt. Trotz dieser geografischen Distanz gab es verschiedene Verbindungen zwischen den Widerstandsbewegungen in Frankreich und Jugoslawien während des Zweiten Weltkriegs. Eine davon war die Beteiligung von Jugoslawen am französischen Widerstand ‒ insbesondere von jugoslawischen Bürgern, die im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft hatten und nach 1939 in Frankreich geblieben waren. Aber es gab nicht nur persönliche Kontakte: Der Krieg, den die jugoslawischen Partisanen seit dem Sommer 1941 gegen die deutschen Besatzer führten, erregte bald Aufmerksamkeit im französischen Widerstand, vor allem unter den Kommunisten. Wenige Wochen nachdem die Kommunistische Partei Jugoslawiens zum Volksaufstand in ganz Jugoslawien aufgerufen hatte, schrieb eine kommunistische Untergrundzeitung in Frankreich: „Überall im unterdrückten Europa erheben sich die Menschen, organisieren sich die Patrioten im entscheidenden Kampf gegen den deutschen Nationalsozialismus. In Jugoslawien hat die Partisanenbewegung das größte Ausmaß angenommen.“
Der Verweis auf die jugoslawischen Partisanen wurde im Laufe der Jahre immer stärker. Als Vorbild diente den französischen Kommunisten vor allem ihre Art, die deutschen Besatzer und ihre Kollaborateure direkt und massiv anzugreifen. Doch de Gaulle war gegen einen Volksaufstand, auch weil er befürchtete, dass dieser zu einer kommunistischen Machtübernahme führen würde; sein Ziel war es, eine französische Armee außerhalb des Landes aufzubauen, die mit Unterstützung der Alliierten die Hauptrolle bei der Befreiung Frankreichs spielen sollte. Die französischen Kommunisten hingegen waren der Auffassung, dass die Befreiung von innen kommen und man den Maquis und andere Widerstandsgruppen massiv mit Waffen versorgen müsste, „damit von nun an ein Krieg gegen die Hunnen wie in Jugoslawien geführt werden kann“: So formulierte es es ein kommunistischer Widerstandsführer im März 1944. Die Diskussionen verstärkten sich im Vorfeld der erwarteten alliierten Landung in Frankreich, als die Kommunisten in Frankreich für sofortiges Handeln plädierten: „Und noch bevor eine Landung stattfindet, wäre es vielleicht möglich, einige geeignete Gebiete vom Schmutz der Besatzung zu befreien, so wie es in Jugoslawien gelungen ist.“
Dass der jugoslawische Partisanenkrieg in Frankreich bekannt war, zeigt sich auch daran, dass der kollaborierende französische Regierungschef Pierre Laval ihn in einer seiner Reden im April 1944 erwähnte – allerdings nicht als Vorbild, sondern als Bedrohung: „Ich habe Grund zur Annahme, dass wir den Krieg in einer anderen Form haben werden, dass man versuchen wird, wie in Jugoslawien einen Partisanenkrieg zu führen (…) Glauben Sie, dass es in dieser Form des Bürgerkriegs zu einer Befreiung kommen kann?“

 

Nicolas Moll

Quellen / Weitere Informationen
  • “L’Université libre : organe des comités universitaires du Front national” 27.6.1941 ; “Front national de lutte pour la libération et l’indépendance de la France”, March 1944 ; “L’Ouest éclair”, 29.4.1944
  • Robert Gildea, Fighters in the Shadows: A New History of the French Resistance (London: Faber and Faber, 2015)

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