Nazad
Organisation von Widerstand Symbole Wälder und Berge

„Wälder, Wälder, unser größter Dank an euch“:Die Natur, der engste Verbündete der Partisanen

Wälder, Wälder,
Unser größter Dank gebührt euch,
In dir wurde die Freiheit geboren.
Partisanen, die durch die „Wälder und Berge unseres stolzen Landes“ marschieren: Es handelt sich um ein emblematische Bild des jugoslawischen Volksbefreiungskampfes, dessen Kriegstaktik sich grundlegend auf die umgebende Natur stützte. Das zitierte Lied ist eine jugoslawische Adaption eines Liedes der Roten Armee aus dem Ersten Weltkrieg, und es ist kein Zufall, dass dabei die „Wälder“ an die Stelle der „Täler“ treten, ein gängiges Motiv in Partisanenliedern, -schriften und -geschichten. „Wälder, Wälder„, ein Volkslied aus der nordkroatischen Region Međimurje, thematisiert den Wald als aktiven Akteur und Verbündeten des Kampfes. Der Wald ist der Ort, wo „die Freiheit geboren wird“, nicht nur für Kroaten oder Jugoslawen, sondern „für alle kleinen und tapferen Völker“. Trotz der mit ihnen verbundenen Gefahren und Geheimnisse wurden die Wälder während des Zweiten Weltkriegs auf einmal zu Zufluchtsorten, die der Zivilbevölkerung und den Partisanen Unterschlupf, Nahrung und Logistik boten. Dieses Bündnis ging über praktische Vorteile der Kriegstaktik hinaus und zeigte das transformative, emanzipatorische Potenzial des Zusammenlebens der Unterdrückten mit der Natur.
Die jugoslawischen Partisaneneinheiten, die sich in der ersten Phase des Krieges auf die Taktik des Guerillakrieges verließen, profitierten in hohem Maße von den natürlichen Gegebenheiten des dinarischen Gebirges und des karstigen Geländes, so etwa von Verstecken, Unterständen, Beobachtungspunkten und Barrieren. Die Kenntnisse der lokalen Bevölkerung – Waldwege und Abkürzungen, Lebensmittel, Wasserquellen, Heilkräuter ‒ waren ebenfalls von entscheidender Bedeutung, um den Widerstand am Leben zu erhalten und die Partisanenbewegung in die Lage zu versetzen, die schwierigen Landschaften zu ihren Gunsten zu nutzen. Diese Erfahrung beschränkte sich nicht auf Jugoslawien: Auch in den osteuropäischen Ländern (Weißrussland, Polen, Ukraine/UdSSR) sowie in einigen Regionen Westeuropas (Italien, Frankreich, Norwegen) waren bewaffneter Widerstand und Zuflucht für die Zivilbevölkerung eng mit Bergen und Wäldern verbunden.
Die Naturverbundenheit der Partisanen wurde aber auch von der Gegenseite als Propagandamittel eingesetzt, um sie als Wilde, Banditen oder Ausgestoßene zu stigmatisieren, wobei vor allem die Frauen in ihren Reihen ins Visier genommen wurden. Ihre Nähe zur Natur diente dazu, die jugoslawischen Partisanen zu entmenschlichen, ähnlich wie mit den indigenen Völker der europäischen Kolonien verfahren wurde, deren Widerstand sich ebenfalls auf die Umwelt und die natürlichen Ressourcen stützte. So entstand der typische koloniale Blick auf die „unzivilisierten Anderen“, ein wesentlicher Bestandteil von Ideologien weißer Vorherrschaft wie den Nationalsozialismus.
Nach dem Krieg wurden im sozialistischen Jugoslawien Wälder, ganze Gebirge oder Naturgebiete, in denen sich wichtige Kriegsereignisse abgespielt hatten, unter Schutz gestellt und als gedenkwürdiges Naturerbe definiert. In den Wäldern errichtete Bauwerke aus der Kriegszeit, Höhlen oder materiellen Überreste von Partisanenlagern und Lazaretten wurden konserviert oder mit Denkmälern gewürdigt. In diesen wurden Bäume häufig als symbolische Motive verwendet, und es war auch rituelle Praxis, zur Ehrung gefallener Partisanen neue Bäume zu pflanzen.

 

Sanja Horvatinčić

Quellen
Weitere Infromationen

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